Unsere Demokratie ist in Gefahr.
- Sandra Schrade
- 10. Okt.
- 3 Min. Lesezeit
Am 10. Oktober habe ich die Gelegenheit bekommen im Rahmen einer Veranstaltung von den Lions zu genau diesem Thema zu Sprechen und eine Podiumsdiskussion zu Leiten. Es hat mich wirklich gefreut, dass mehr als 250 Personen der Einladung gefolgt sind. Meine Rede könnt iht hier nachlesen:
Rede von Sandra Schrade – über Demokratie, Meinung und Verantwortung in einer schnellen Welt.
Auch von mir ein herzliches Willkommen! Oder – wie ich als Sylter Mädchen förmlich zu sagen pflege – Moin!
Ich darf jetzt zum kommunikativsten Teil des Abends kommen – nämlich meinem.
Bevor wir gleich in die Diskussion starten, nutze ich diesen Moment – und die Tatsache, dass man mir ein Mikro gegeben hat – um Sie fünf Minuten, versprochen, ich hab’s gestoppt, in meine Welt zu holen.Ich bin kein Politiker, kein Experte – aber Mensch, Mama und Anhängerin der Demokratie.
Überall begegnen uns Sätze wie:„Ich wähle Extremparteien, weil die doch mal merken müssen, dass es so nicht weitergeht.“„Wenn die das mit Renten, Beamten und ärztlicher Versorgung nicht in den Griff kriegen, sehe ich schwarz für unser Land.“„Vorschriften statt Hilfen für den Mittelstand. Steuern nehmen sie, helfen tun sie nicht – da kann man nur noch auswandern!“
Ich lese sie in Zeitungen, online, ich höre sie in Podcasts oder im Alltag. Von gebildeten Menschen – aber hilflosen.Als ich in diesem Kommunalwahlkampf gebucht wurde und tiefer in die Politik-Bubble eingestiegen bin, habe ich gemerkt, wie wenig ich eigentlich über Politik weiß. Wann der Kartoffelkrieg war – das habe ich in der Schule gelernt. Was ein Landrat macht – leider nicht. Und ich bin damit nicht allein.
Egal ob Jurist, Ärztin oder Polizist – politisches Wissen hat nichts mit Bildungsgrad zu tun. Gerade heute gibt es jede Menge Meinung – aber erstaunlich wenig Wissen über Prozesse, Strukturen und Verantwortung.Während einer WM besteht Deutschland aus Trainern. Während einer Krise – aus selbsternannten Politikexperten. Doch die, die sich wirklich auskennen, verschwinden oft leise in der Versenkung.
Der Soziologe Andreas Kemper sagt: Das Wählen der AfD ist eine Tat.Wie Kinder schlagen oder Tiere quälen – eine aktive Entscheidung gegen die Demokratie und für den Faschismus.Und diese Tat begehen heute etwa 20 % der Menschen, die wählen gehen. Tendenz: steigend.Warum? Weil Extremwählen oft eine Folge von Ungleichheit, Ungerechtigkeit und Existenzängsten ist.
Unser Wissen heute entsteht aus kurzen Clips, von den falschen Menschen, mit großer Reichweite.Aus Medien, in denen Fake und Echt kaum noch zu unterscheiden sind.Dazu kommt ein Gefühl der Ohnmacht – bei all den Kriegen, Krisen, Klima-Schlagzeilen.
Wir leben in einer Welt, in der das Handy immer dabei ist – in der schon Kleinkinder wissen, wie man Bildschirme entsperrt und zum nächsten Video swipet.In einer Welt, in der alles perfekt in Szene gesetzt wird – während im Hintergrund das Chaos tobt und jeder in Selbstzweifeln versinkt, weil das eigene Leben nicht so schön wirkt wie das auf dem Bildschirm.
Die Spielregeln des Lebens haben sich rasant verändert:Influencertum schlägt Fachwissen.15-Sekunden-Videos werden geschaut – lange Debatten leider nicht.Handys werden angeschaut – Kinder spielen währenddessen allein.Höher, schneller, toller – mehr Input. Das ist unsere Welt.
Social Media ist Fluch und Segen zugleich.Es schafft Nähe – auch zu Menschen und Geschichten, die uns sonst verborgen geblieben wären.Aber es belohnt Populismus und plakative Sprache mit Sichtbarkeit.
Doch Politik braucht Tiefe.Sie braucht Argumente.Sie braucht Menschen, die zuhören, die sich ehrenamtlich engagieren – und die den Austausch suchen.Nicht nur Unverbindlichkeit, Likes und schnelle Parolen.Von außen drücken Kriege, Diktatoren und Krisen – von innen der Zynismus.
Unser Land steht vor echten Problemen:Ein Beamtentum und Rentensystem am Limit,ein Krankenkassensystem, das sich selbst nicht mehr trägt,und Menschen, die immer extremer wählen – aus Verzweiflung.
Aber:Wir haben nur eine Heimat.Nur eine Demokratie.Und eine Stimme – die zählt.
Und genau deshalb erhebe ich meine.Ich werde nicht still zusehen, wie meine Kinder Teil einer oberflächlichen, unverbindlichen Welt werden, die immer voller wird von Eindrücken, die wir nicht einmal mehr als wahr oder fake erkennen können.
Genau deshalb nutze ich heute meine Stimme, um mit den Profis hier vor Ort zu sprechen.Wie verteidigen wir unsere Demokratie in diesen wilden Zeiten?Wie schaffen wir Politik, die nahbar bleibt – ohne Angst vor der Zukunft?
Die Antworten unserer Gäste sollen kurz und klar sein – nicht länger als eine Instagram-Story, also 60 Sekunden.Und natürlich ohne Parteiparolen – denn eigentlich stehen wir alle auf derselben Seite beim Seilziehen: auf der Seite der Demokratie.

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